Ein Jahr nach dem offiziellen Baubeginn ist der Ergänzungsbau im Innenhof der Nürnberger Kongresshalle bis zum Dach über dem Hauptgeschoss errichtet. Das neue Haus soll eine Spielstätte für das Staatstheater mit Hauptbühne, Orchestergraben und einem Saal für 800 Zuschauer beherbergen. Planer, Bauunternehmen und die Stadt betonen die schnellen Baufortschritte und nennen die Fertigstellung des Ergänzungsbaus zum Jahresende 2027 als Ziel.
Fortschritt am Ergänzungsbau
Der Rohbau des Ergänzungsbaus ist laut Stadtangaben bis zu einer Höhe von 17 Metern fertiggestellt. Ausstehend bleibt der 34 Meter hohe Bühnenturm. Auf einer Grundfläche von 4 700 Quadratmetern nimmt der Neubau etwa ein Fünftel der Hoffläche ein. Im unteren der beiden bereits errichteten Geschosse sind Flächen für Anlieferung, Magazine, Unterbühne, Künstlergarderoben, den Orchesterprobensaal sowie diverse Betriebs- und Technikbereiche angelegt. Das darüberliegende Hauptgeschoss wird künftig die Hauptbühne mit Hinter- und Seitenbühne, eine große Probebühne und den Zuschauerraum mit Regiekabinen enthalten.
Der Auftrag für den Ergänzungsbau war im Juli 2024 im Rahmen eines Totalübernehmerverfahrens an die Georg Reisch GmbH & Co. KG vergeben worden. Entworfen wurde das Projekt von der LRO GmbH & Co. KG. Die Stadtverwaltung verweist darauf, dass die Entscheidung des Stadtrats aus Juli 2022, den Neubau im nordwestlichen Bereich des Innenhofs zu verorten, die Umsetzung beschleunigt habe, weil ein großer Teil des Neubaus auf vorhandenen Fundamentplatten errichtet werden konnte.
Bauumfang, Materialeinsatz und Zeitplan
Seit Baubeginn wurden nach Angaben der Bauleitung 10 500 Kubikmeter Beton und 1 762 Tonnen Bewehrungsstahl verbaut. Hinzu kommen 245 Tonnen Stahlträger und 2 200 Quadratmeter Gitterträgerdecken über Bühnen, Montagehalle und Orchesterprobensaal. In den kommenden Wochen sind laut Plan die Außenwände des Bühnenturms, die Parkettebene des Zuschauerraums, der Rang und die Dachdecke über dem Zuschauerraum herzustellen. Alle Dächer sollen bis Anfang April 2026 regendicht sein, die Fertigstellung des Ergänzungsbaus ist für Ende 2027 vorgesehen.
Der Neubau ist als unselbständiges Gebäude konzipiert und wird etwa ein Fünftel der Funktionen des Staatstheaters aufnehmen. Wesentliche Publikumsbereiche wie Eingangshalle, Abendkasse, Foyerflächen, Gastronomie, Garderoben und WCs verbleiben im denkmalgeschützten Bestand. Zwei Übergangsbauwerke verbinden den Neubau inzwischen auf drei Ebenen mit dem historischen Bestand. Künftig wird das Publikum das Theater über den Arkadengang des Torsos betreten.
Stadt sieht kulturelle und städtebauliche Bedeutung
Oberbürgermeister Marcus König sagte, die Baustelle biete bereits jetzt einen Blick in die Zukunft und zeige, wie der Ort, der Erinnerungs- und Kulturfunktion vereine, weiterentwickelt werde. Bürgermeisterin Julia Lehner betonte, es entstehe ein Arbeits- und Aufführungsort, der den Anforderungen des Staatstheaters und der freien Szene gerecht werden solle und an diesem historisch belasteten Ort eine zeitgemäße kulturelle Infrastruktur ermögliche. Der Planungs- und Baureferent Daniel F. Ulrich hob hervor, die Entscheidung für ein Totalübernehmermodell habe sich bewährt und ermögliche es, das Projekt innerhalb der vorgesehenen Zeit- und Kostenplanung umzusetzen.
Kontext: Ermöglichungsräume und historische Bedeutung
Die Stadt Nürnberg verfolgt seit der Bewerbung zur Kulturhauptstadt Europas das Ziel, Teile der Kongresshalle als Räume für die Künste zu öffnen. Für das Jahr 2028 sind auf über 7 000 Quadratmetern Ateliers, Studiobühnen, Ausstellungsflächen und Proberäume geplant. Parallel dazu soll das Staatstheater eine Spielstätte in der Kongresshalle eröffnen. Bund und Freistaat Bayern fördern das Vorhaben sowie die Entwicklung des benachbarten Ensembles aus Zeppelinfeld und Zeppelintribüne zu einem Lern- und Begegnungsort.
Die Kongresshalle steht in ihrer Monumentalität für die Architektur der NSZeit. Das Gebäude wurde zwischen 1933 und 1938 begonnen, vervollständigt wurde es nicht. Mit einer Grundfläche von 275 mal 265 Metern und 40 Metern Höhe zählt es dennoch zu den größten Hinterlassenschaften jener Zeit. Der Rohbau des hufeisenförmigen Innenraums blieb nach Kriegsbeginn 1939 unvollendet. Seit 1973 steht die Kongresshalle unter Denkmalschutz. Nach dem Krieg wurde das Gebäude zunächst als Lebensmitteldepot der USArmee genutzt, später unter anderem als Lager für das Versandhaus Quelle. In den Kopfbauten haben sich Kulturinstitutionen etabliert. Die Nürnberger Symphoniker nutzen seit 1962 Räume im südlichen Teil, das Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände wurde 2001 eröffnet.
Die Stadt beschreibt das Projekt als Beitrag, die Kongresshalle zum Ort für Kunst, Kultur, Bildung und Auseinandersetzung zu entwickeln und den historischen Kontext durch künstlerische und bildungspolitische Nutzungen zu bearbeiten.
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